Nervensystemarbeit: Was dein Nervensystem mit deinem Gefühlschaos zu tun hat

Kennst du diese Tage, an denen du dich völlig überfordert fühlst? Und manchmal können wir nicht mal genau sagen, warum. Die Gedanken sind unruhig und springen in alle Richtungen, wir sind irgendwie gereizt – oder auch traurig, und fühlen uns einfach leer.

Was viele nicht wissen: Hinter all diesen Zuständen steckt etwas, das sich zwar in unserer Stimmung bemerkbar macht, jedoch auf körperlicher Ebene passiert – durch unser Nervensystem. Unsere Psyche und unser Körper sind nämlich viel enger miteinander verbunden, als wir oft annehmen.

In diesem Beitrag werden wir uns daher also ansehen, was Nervensystemarbeit ist und:

  • Warum und Wie dein Nervensystem über deine Emotionen mitentscheidet
  • Wie chronischer Stress dich dauerhaft im Alarmmodus halten kann
  • Wie du selbst dein System und somit auch deine Psyche beruhigen kannst – mit einfachen, alltagstauglichen Tools

Wenn dein Nervensystem auf Alarm steht

Viele Menschen glauben: Wenn sie sich emotional instabil, überfordert oder ausgelaugt fühlen, stimmt „etwas mit ihnen nicht“. Häufig versuchen wir dann auch, unseren Zustand zu zerdenken und zu analysieren, um die Ursache zu finden, oder das Problem zu lösen – mit unserem Kopf. Manchmal kann das auch helfen – aber nicht immer. Denn oft ist es nicht unser Denken selbst, dass die Lösung bringt, sondern vielmehr unser Nervensystem, das im Stress festhängt, und sich wiederum auf unsere Psyche ausschlägt.

Wie das funktioniert: Unser Befinden ist sehr eng mit unserem Nervensystem verknüpft: Ob wir uns entspannt und erholt fühlen, ob wir uns gestresst, ängstlich oder gehetzt fühlen – die Grundlage für all diese Zustände und Gefühle finden sich hier im Nervensystem, genauer im Sympathikus und Parasympathikus.

Unser sympathisches Nervensystem ist für den bekannten „Kampf oder Flucht“ Modus zuständig – also für akute Gefahr. Es aktiviert deine Muskeln, beschleunigt deinen Puls, lässt deine Gedanken rotieren. Früher super praktisch, wenn uns ein Tiger gegenüberstand. Aber: Unsere heutigen „Tiger“ heißen: Zu viel Arbeit, finanzielle Unsicherheit, permanente Reizüberflutung, Weltlage, soziale Isolation… und die schütteln wir nicht nach einer Verfolgungsjagd mal eben ab, sondern die sind ständig da.

Vom Funktionsmodus zum Erschöpfungszustand

Wenn unser Sympathikus dauerhaft aktiv ist, und wir gar nicht mehr in den Parasympathikus wechseln, hat das zur Folge:

  • Wir schlafen schlechter
  • Wir haben mehr negative Gedanken
  • Unsere Verdauung, unser Immunsystem, unser Gedächtnis – all das leidet
  • Emotional fühlen wir uns dünnhäutig, gereizt, müde, innerlich leer

Nervensystemarbeit: Die Weisheit des Körpers nutzen

Nervensystemarbeit

Viele Ansätze zur Stressbewältigung setzen beim Denken an: Reframing, positives Mindset, „denk einfach anders“. Und ja, das kann helfen. Aber wenn unser Körper im Alarmzustand ist, ist das häufig erstaunlich schwierig. Wir schaffen es nicht so richtig, da hinzukommen. Zumindest nicht emotional. Die Kluft zwischen gefühlter Realität und den bloßen Worten ist dann zu groß. Das habe ich sowohl in meiner eigenen Entwicklung als auch im Rahmen meiner Arbeit so oft erlebt – wir wissen eigentlich sehr genau, wie wir denken oder uns verhalten „sollten“ – aber die Gefühle sind übermächtig und wir scheitern einmal mehr an der Umsetzung.

Und genau hier darf der Körper ins Spiel kommen. Denn: Wirkliche Regulation beginnt körperlich. Unser Nervensystem ist die Brücke zwischen unserem Körper und unserem Geist. Wenn du deinen Körper beruhigst, kann dein Geist folgen.

Unser innerer Beruhigungsknopf: Der Parasympathikus

Der Gegenspieler des Sympathikus ist der Parasympathikus – dein körpereigener Entspannungsmodus. Wenn dieser aktiv ist, können wir:

  • Durchatmen
  • Entspannen und regenerieren
  • Besser schlafen
  • Klar denken
  • Dich wohlfühlen
  • Neue Informationen besser aufnehmen
  • Kreativer, empathischer und mehr „wir selbst“ sein

Das Ziel ist nicht, nie gestresst zu sein. Sondern, diese Zustände zu verstehen, bewusst wahrzunehmen und zwischen ihnen hin- und herwechseln zu können. Also nicht im Alarmmodus festzuhängen, sondern den Beruhigungsknopf bewusst drücken zu können. Und tatsächlich braucht es dafür gar nicht so viel. Denn unser Körper kann nie vergessen, wie es ist, sich zu entspannen oder sicher zu fühlen – wir dürfen ihn manchmal nur wieder daran erinnern, wie das geht.

Hier eine Reihe hilfreicher und einfacher Methoden, die hierbei helfen:

Praktische Tools, um dein Nervensystem zu regulieren

1. Atmung

Dein Atem ist das mächtigste (und unterschätzteste) Selbstregulationswerkzeug.
Hier zwei einfache Techniken:

Box Breathing (4–4–8):
4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen.
Langsame Ausatmung aktiviert den Parasympathikus.

Je länger du ausatmest, desto mehr sagst du deinem Nervensystem: „Ich bin sicher.“

Doppelatmung (wie Babys beim Weinen):
Atme einmal tief ein – und dann nochmal, direkt hinterher. Danach ausatmen.
Hilft bei intensiver Anspannung und emotionalem Überwältigtsein.

2. Vagusnervmassage

Der Vagusnerv ist direkt mit dem Parasympathikus, also dem Entspannungszentrum, verbunden.
Du kannst ihn aktivieren durch:

  • Sanfte Nackenmassage (besonders entlang des Hinterkopfs und hinter den Ohren)
  • Summen, Brummen oder Singen (jawohl – das wirkt!)
  • Genüssliches, langsames Gähnen, Dehnen, Seufzen

Das geht auch mitten im Alltag: beim Zähneputzen, Spazierengehen oder im Büro.

3. Bewegung

Bewegung ist viel mehr als Fitness – sie ist ein biologisches Tool, um Anspannungszustände zu entladen. Wir haben die natürliche Abfolge von Anspannung + Entspannung häufig vergessen, aufgrund unseres Lebensstil. Aber Studien zeigen immer wieder, dass Bewegung ungemein dabei hilft, zurück in einen Entspannungszustand (und somit ins Gleichgewicht) zu kommen.

Besonders hilfreich hier:

  • Sport (mit anschließender bewusster Ruhepause!)
  • Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
  • Fantasiereisen
  • Körperteile Ausschütteln (ja, wirklich – Tiere machen das auch nach Stress)

4. Meditation & Achtsamkeit

Viele Menschen (ich früher auch!) haben lange gezögert, Meditation auszuprobieren, weil es „esoterisch“ oder spirituell wirkt. Tatsächlich jedoch ist Meditation eines der wertvollsten Tools wenn es um einen gesünderen Umgang mit Gedanken und Gefühlen geht und ein unschlagbares Werkzeug in der Selbstreflexion.

Denn: Meditation basiert auf Achtsamkeit. Und Achtsamkeit verändert nachweislich unser Gehirn:

  • Mehr Selbstwahrnehmung
  • Weniger Reiz-Reaktion-Autopilot, stattdessen treffen wir bewusstere Entscheidungen und verhalten uns bewusster
  • Größere emotionale Belastbarkeit

Zum Schluss: Kleine Erinnerung für deinen Alltag

Wenn du merkst, dass es wieder zu viel wird, und du dich irgendwie überfordert oder unsicher fühlst, dann frag dich:

Was könnte mein Körper (Nervensystem) gerade brauchen, um sich etwas sicherer zu fühlen?

Vielleicht sind es ein paar tiefe Atemzüge. Ein Spaziergang an der frischen Luft. Ein paar Minuten Stille. Oder jemanden (vielleicht auch du?), der dir die Erlaubnis gibt: Du musst gerade gar nichts leisten.

Und wenn du gar nicht weißt, was deinem Körper gut täte? Dann wird es Zeit, ein paar Dinge auszuprobieren – denn wenn wir lernen, hinzuhören, dann zeigt uns unser Körper gerne, was er möchte!

Nervensystemarbeit

Wünschst du dir Begleitung in diesem Prozess?

Wenn du gerne an deinem Nervensystem arbeiten möchtest, aber alleine nicht mehr weiterkommst, schreib mir gerne eine Nachricht. Ich begleite dich gerne auf deinem Weg.


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